Freiheit, Herausforderungen und der kreative Austausch im Forschungsteam

Einblicke in den Alltag von den Technischen Assistentinnen Eva Kaindl und Angela Burkart.

8. September 2025

Interview von Shau Chung Shin

Hallo ihr beiden! Schön, dass ihr euch die Zeit genommen habt, heute etwas über eure Tätigkeit am Institut zu erzählen. Stellt euch gerne kurz vor!

Angela: Hallo, mein Name ist Angela Burkart. Ich bin biologisch-technische Assistentin. Ich bin seit September 2022 am Institut. Zunächst war ich für die Abteilung „Molekulare Soziologie“ bei Martin Beck hauptsächlich im Fliegenlabor tätig und seit August 2024 bin ich in der Nachwuchsforschungsgruppe „Biogenese von Membranproteinen“ bei Melanie McDowell. 

Eva: Mein Name ist Eva Kaindl. Ich bin medizinisch-technische Assistentin und arbeite hier seit 1990. Zuerst war ich in der Forschungsgruppe „Biophysikalische Chemie“ und habe dort viele elektrische Messungen durchgeführt – hatte also den Fokus eher auf physikalische Themen. Seitdem ich 2019 in der Forschungsabteilung „Molekulare Soziologie“ bei Martin Beck tätig bin, habe ich den Fokus mehr auf biochemische und strukturbiologische Themen.

Wie sieht eure Tätigkeit aus? 

Angela: Ich bin aktuell in der Forschungsgruppe von Melanie McDowell für die Basics im Labor zuständig, das heißt zum Beispiel: Bestellungen, Bereitstellung von Labormaterial, Medien und Stocklösungen, Wartung der Laborgeräte und so weiter. Außerdem assistiere ich auf Abruf bei Projekten unserer Postdocs und Doktorand*innen. 

Ich stelle auch große Mengen an Kulturen her, zum Beispiel von Escherichia coli-Bakterien, Chaetomium-Pilz und Hefe (Saccharomyces cerevisiae). Ich schreibe Protokolle und ich führe verschiedene molekularbiologische Methoden durch, zum Beispiel PCR, Klonierung, Trans- und Retransformation, Plasmidpräparation, Membranpräparation und Proteinaufreinigung. 

Eva: Aktuell arbeite ich eher biochemisch, das heißt, ich mache viel Molekularbiologie: sprich, PCRs ansetzen – also Zellen transformieren, die ich aus verschiedenen Organismen wie Hefe, Bakterien und Algen angerichtet habe, damit sie die DNA aufnehmen. Und danach prüfe ich mithilfe des Mikroskops, ob es auch geklappt hat. Anschließend mache ich eventuell noch eine Proteinpräparation von dem Produkt, das ich eigentlich in der Zelle haben wollte und dann ein Westernblot. Das und die Anzucht von Zellen ist tatsächlich etwas, das ich neu gelernt habe. 

Die Dokumentation der Experimente nimmt ebenfalls viel Raum ein. Das muss einfach hieb- und stichfest sein, das muss nachvollziehbar sein. Dann müssen alle gentechnischen Arbeiten dokumentiert werden – das ist dann schon aufwändig.

Man muss Gefährdungsbeurteilungen durchführen, also auch dokumentieren, ob die Arbeit gefährlich ist die man macht. Wenn man zum Beispiel Inhibitoren einsetzt für Experimente, weil man wissen will: „Kann ich das Protein auch blocken, das ich hergestellt habe? Ist die Reaktion dann anders?“ Dann muss ich natürlich vorsichtig sein – die inhibieren nicht nur dieses Protein, sondern vielleicht auch mein eigenes Protein in meinem Körper. 

Was ich mache kann im Wesentlichen grob umschrieben werden als Probenvorbereitung für die Strukturmessungen meiner Kolleg*innen. 


Gibt es da Unterschiede zwischen den einzelnen Forschungsgruppen?

Angela: Je nachdem, in welchem Projekt du eingesetzt wirst, machst du ganz unterschiedliche Sachen. Als ich noch in der Beck-Gruppe war, war ich hauptsächlich im Fliegenlabor und da habe ich zum Beispiel die Fruchtfliegen miteinander gekreuzt. Dort hatte ich zum Beispiel die Männchen von den Weibchen und den Jungfrauen unterscheiden müssen. Die passenden Tiere habe ich dann in ein Röhrchen zur Paarung zusammengesetzt. Das ist was ganz anderes, als das, was ich jetzt bei Melanie McDowell mache. Jetzt ist es eher zellkulturlastig und beinhaltet mehr molekularbiologische und biochemische Tätigkeiten für mich. Ich denke, Eva geht es genauso. 

Je nachdem, in welchem Projekt du eingesetzt wirst, machst du ganz unterschiedliche Sachen.
Angela Burkardt


Eva: Ja, auf jeden Fall. Früher war das bei mir mehr Rekonstruktion, quasi eine Zellmembran rekonstruieren über Liposomen. Das sind Lipidblasen und da hat man dann sein Protein eingeschleust, um es zu untersuchen, wenn man wissen wollte: „Was braucht das Protein, um zu funktionieren?“. Man konnte dann ganz gezielt nur ein Protein untersuchen. 

Wenn zum Beispiel diese Proteine einen Transport über die Membran gemacht haben, gibt es möglicherweise eine Art Ladungsverschiebung über diesen Transport, weil es unterschiedlich geladene Teilchen sind. Und das haben wir dann gemessen – elektrische Verschiebungen, auch zum Teil richtig an Zellen. Das nennt sich Patch-Clamp, das ist vielleicht eine bekannte Methode. Man kann beobachten, wie die Ladung über die Zellmembran verschoben wird. Diese Tätigkeit war schon deutlich anders als die, die ich jetzt mache. 

Das sind sehr vielfältige Tätigkeiten. Und es klingt so, als würdet ihr bei eurer Tätigkeit ständig etwas Neues dazu lernen. Wie organisiert ihr eure Arbeit, wie sieht denn so ein typischer Arbeitstag aus – wenn es so etwas gibt? 

Angela: Also bei mir sieht es meistens so aus, dass ich morgens die Planung des Tages mache, falls ich das noch nicht am Vortag gemacht habe. Entweder ich führe dann die Protokolle für die geplanten Experimente durch oder ich kümmere mich um die Labor-Basics. 

Jeder Tag sieht anders aus, jederzeit kann ich spontan in ein Projekt der Doktorand*innen oder Postdocs eingebunden werden. Es gibt auch ein bis zwei Meetings pro Woche, in denen alle auf den aktuellen Stand der Projekte gebracht werden und ein weiteres Vorgehen besprochen wird. 

Eva: Dem kann ich nur zustimmen. Kein Tag ist exakt wie der andere. Natürlich gibt es Experimente, die ich schon ganz oft durchgeführt habe, aber dennoch sind die Fragestellungen immer anders oder man muss ein bisschen herum probieren und es optimieren. Bei mir ist es auch so, dass ich versuche, die Planung am Tag vorher zu machen. Das klappt nicht immer, weil dann irgendwas dazwischenkommt. Man muss also schon spontan reagieren auf die Situation. Das ist aber genau auch das, was mir gerade gefällt (lacht). 

Ich gehe durch, was ich alles zu tun habe, versuche mir einen Zeitplan aufzustellen, mache meine Experimente. In den Inkubationszeiten erledige ich dann Dinge wie Bestellungen oder Auffüllen von Autoklaviermaterial oder mit jemandem etwas besprechen, wie das Experiment weitergehen soll oder die Daten analysieren. Oder ich bereite in der Zwischenzeit Experimente für den nächsten Tag vor. 

Man kann also nicht sagen, dass es einen typischen Tag gibt. Der einzige Tag, der vielleicht eher typisch ist, ist wenn wir Seminar haben. Dann ist definiert, dass vormittags Seminar ist und ich muss am Nachmittag alles danach ausrichten.

Kein Tag ist exakt wie der andere. Natürlich gibt es Experimente, die ich schon ganz oft durchgeführt habe, aber dennoch sind die Fragestellungen immer anders oder man muss ein bisschen herum probieren und es optimieren.
Eva Kaindl


Das klingt nach einer sehr selbstorganisierten Tätigkeit und viel Freiheit für Euch. Und du sagtest, genau das gefällt dir daran. Wie sieht es denn bei dir aus, Angela? 

Angela: Ja, zum einen mag ich die Ausgewogenheit von wiederkehrenden Routinearbeiten und die Etablierung neuer Projekte und das Erlernen neuer Tätigkeiten. Es gibt neben den alltäglichen Tätigkeiten immer etwas Neues zu lernen. Inspirierend finde ich auch die Mixtur an wechselnden Kollegen aus so vielen unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Der Austausch der Wissenschaftler*innen untereinander und mit uns technischen Assistentinnen verläuft meiner Erfahrung nach wertschätzend und mit einer gesunden Portion von Humor. Und das Mindset der Forschenden ist von Wissensdurst, Lösungsfindung, Offenheit und Innovation geprägt, wovon ich sehr gerne ein Teil bin. 

Eva: Das ist genau das, was ich auch finde. Ich habe vorher in der Klinik gearbeitet, da kommt alles von oben und es war dann so: „Ja, das haben wir halt schon immer so gemacht.“ Und das hat mich nach zwei Jahren extrem gestört. 

Daraufhin habe ich mich beworben und glücklicherweise hier diese Stelle bekommen. Da war ich dann sehr froh drum, weil ich eben sehr viele neue Dinge lernen musste und mir genau das Spaß gemacht hat – und es diesen Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ eigentlich nicht gab. Es gibt vielleicht den Satz: „Ja, wir machen das schon immer so, aber wir können darüber nachdenken, ob wir es anders machen.“ 

Es gibt vielleicht den Satz: „Ja, wir machen das schon immer so, aber wir können darüber nachdenken, ob wir es anders machen.“
Eva Kaindl

Auch das Miteinander ist anders. In der Medizin ist die Hierarchie sehr stark und hier an dem Institut ist das nicht so. Es ist zwischen den Forschenden und den Technischen Assisten*innen mehr ein Miteinander auf Augenhöhe. Diese offene Atmosphäre, das gefällt mir. Ja, auch diese Internationalität, das gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist einfach super interessant, wie andere Kulturen sind. 

Das gibt für einen selber einen ganz anderen Input, um auch mal darüber nachzudenken: „Wie ist meine Situation?“ Oder auch: „Was müssen andere Menschen investieren, um ihren Lebenstraum zu erfüllen?“. Da ist es vielleicht ganz anders als bei mir, die es da vielleicht viel leichter hatte. So hat man darüber auch ein bisschen mehr Wertschätzung der eigenen Situation. 

Also, ich finde es sehr schön, dass ich hier gelandet bin und ich bereue es nach wie vor immer noch nicht, auch nicht nach so vielen Jahren. 


Hast du, bevor du dich beworben hast, schon eine Ahnung gehabt, dass es hier anders ist als zum Beispiel in der Klinik? 

Eva: Ich würde mal sagen, dass in einem Krankenhaus die Routine natürlich ganz stark ist. Natürlich wird da auch mal ein anderes Gerät involviert oder sonst irgendwas, aber insgesamt ist die Routine deutlich stärker als hier. 

Und hier in einem Forschungslabor ist es natürlich von vornherein gegeben, dass neue Dinge ausprobiert werden. Das bedeutet aber auch, man muss schon so ein bisschen frustrationserprobt sein. Man darf sich nicht so schnell aus der Fassung bringen lassen von erfolglosen Experimenten. Oder es kann auch einfach mal passieren, dass man irgendetwas, was man sich gedacht hat, nie durchkriegt, weil es einfach nicht funktioniert. 


Und Angela, hattest du bereits vorher erwartet, dass das Arbeiten hier so ist? Ist das an Forschungsinstituten immer so? 

Angela: Also ich bin sehr froh, hier zu sein. Es war natürlich auch ein bisschen Glück und das richtige Timing mit dabei. Mir war zum Beispiel bei der Bewerbung wichtig, dass der zukünftige Arbeitgeber die Vereinbarung von Familie und Beruf gewährleisten kann. Und auf der Homepage hatte ich zuvor gelesen, dass die Max-Planck-Gesellschaft seit 2006 mit dem Audit-Zertifikat der Beruf- und Familienservice GmbH ausgezeichnet ist. Da war bei mir natürlich sofort Freude da. 

Mir war zum Beispiel bei der Bewerbung wichtig, dass der zukünftige Arbeitgeber die Vereinbarung von Familie und Beruf gewährleisten kann.
Angela Burkardt

Ich habe bei meinen bisherigen zwei Vorgesetzten innerhalb des Institutes die positive Erfahrung gemacht, dass ich meine Arbeitszeiten an die familiäre Situation anpassen konnte. Attraktiv für mich ist auch die Vergütung nach TVöD. Ich habe außerdem das Glück, nicht allzu weit entfernt vom Institut zu wohnen und habe somit einen recht kurzen Anfahrtsweg. 

Außerdem begeistert mich, dass es am Institut eine Nachhaltigkeitsgruppe gibt, in die ich mich sehr gerne in verschiedenen Projekten einbringe. Und zusätzlich bietet das Max-Planck-Institut für Biophysik die Teilnahme an tollen Events innerhalb und außerhalb des Instituts an. Zum Beispiel der JP-Morgan-Lauf in der Frankfurter Innenstadt, die Nacht der Wissenschaften auf dem Riedberg-Campus, der Girls’ Day, Sommerfest und Weihnachtsfeier, Drachenbootrennen auf dem Main, Betriebsausflüge und Retreats. 

Und zusätzlich bietet das Max-Planck-Institut für Biophysik die Teilnahme an tollen Events innerhalb und außerhalb des Instituts an.
Angela Burkardt

Mir gefällt auch der konstruktive Austausch mit unseren kreativen Köpfen der Instituts-Werkstatt, dem Medienlabor und dem Facility Management. Bei Problemen mit Bestellungen steht das Einkaufs-Team hilfreich zur Seite. Also alles in allem ist die MPG für mich wirklich ein sehr attraktiver Arbeitgeber und ich fühle mich insgesamt wohl hier. 


Welcher Typ von Mensch wird hier glücklich? 

Eva: Ich würde mal sagen, auf jeden Fall jemand, der spontan ist, Freude an neuen Dingen und am Ausprobieren hat. Jemand, der kreativ ist. Und auch jemand, der ein gewisses Maß an Ruhe und Beharrlichkeit hat, weil Experimente schon auch einmal schief gehen können. Beziehungsweise, was ich vorhin gesagt habe, eine gewisse Frustrationserprobung und auch einmal irgendwann zu akzeptieren, dass etwas nicht geklappt hat, ohne sich selbst Vorwürfe zu machen. 

Man sollte ein bisschen auch der Typ sein, der Fehlersuche macht, ohne sich selbst zu bewerten: „Woran könnte es gelegen haben? Was könnte man anders machen?“ Man sollte auf jeden Fall auch exakt arbeiten und die Experimente genau protokollieren, die man macht. Man muss das hinterher alles wieder nachvollziehen können: „Wie habe ich das eigentlich gemacht?“ Das ist wirklich wichtig. Und man muss auch vorsichtig arbeiten, denn wir arbeiten auch mit gefährlichen Substanzen. Da muss man die nötige Sorgfalt haben. Das heißt, man muss genau arbeiten, man muss sich gut genug vorbereiten. 

Angela: Ja, genau. Und was ich jetzt noch ergänzen kann, ist, dass das auf jeden Fall ein Mensch sein muss, der selbst offen, neugierig und engagiert mit Menschen aus der ganzen Welt auf Augenhöhe und mit Spaß zusammenarbeiten möchte. 

Vielen Dank! Als letzte Frage, was würdet ihr euch wünschen? 

Angela: Also, ich persönlich würde mir wünschen, dass das Thema Nachhaltigkeit schärfer verfolgt wird und zum Beispiel das sogenannte LEAF-Zertifikat verpflichtender Standard für alle Labore an allen Standorten der MPG wird. LEAF ist ein Umwelt-Zertifizierungsprogramm, das die Nachhaltigkeit innerhalb der wissenschaftlichen Forschung voranbringt und verbessert. Oder dass zum Beispiel die Außengelände der Institute so gestaltet werden, dass für Artenvielfalt und Umweltschutz gesorgt ist, zum Beispiel über Wildbienenhotels und das Anpflanzen von Wildblumen oder dass das Grauwasser zur Außenbewässerung und Solarenergie genutzt wird. 

Ich weiß, dass der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer, inzwischen viele Türen öffnet, Interesse zeigt und unterschiedliche Pläne und Ziele diesbezüglich verfolgen möchte. Im Juni wird er sogar bei unserem Treffen des Nachhaltigkeitsnetzwerks aller MPG-Institute teilnehmen. Ich hoffe, dass es hierzu verpflichtende Beschlüsse geben wird, um das Thema Nachhaltigkeit in der Forschung wirklich ernsthaft voranzubringen. Auch finde ich zum Beispiel, dass sich die Bürokratiewege, um solche Beschlüsse und Veränderungen herbeizuführen, sehr gerne verkürzen dürfen. 

Eva: Dem kann ich nur beipflichten. Ich wünsche mir weniger Dokumentationsaufwand. Dass man sein Experiment dokumentiert, ist klar, das muss sein. Aber ich finde, dass behördliche Richtlinien und Vorgaben immer mehr werden. Der Vorgabendschungel darf gerne lichter werden und der allgemeine Dokumentationsaufwand für ein Labor wieder etwas schrumpfen.


Danke für eure Zeit und eure Offenheit. Ich finde es schön, euch als Kolleginnen zu haben und wünsche euch weiterhin viel Spaß bei eurer Tätigkeit!

 

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